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2 Der Auszug aus Bernada Albas Haus


Die erste Szene aus dem ersten Spielfilm Almodóvars, PEPI, LUCI, BOM Y OTRAS CHICAS DEL MONTÓN (PEPI, LUCI, BOM, E 1980):




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PEPI, LUCI, BOM Y OTRAS CHICAS DEL MONTÓN. Pedro Almodóvar,  E 1980 (1. bis 4. Min.)

Pepi (Carmen Maura) in ihrer Wohnung: Sie lümmelt auf dem Boden zwischen Kissen und Teppichen und klebt Bildchen in ein Staralbum ein. Auf der Fensterbank stehen Canabispflanzen. Laute Musik läuft, quietschige Frauenstimmen. Es klingelt, es ist der Polizist (Félix Rotaeta), ein Nachbar, der in einem der schäbigen Mietshochhäuser gegenüber wohnt. Er hat von seinem Fenster aus die Pflanzen gesehen. Pepi versucht, ihn dort zu fassen, wo sie seine Antriebe vermutet. Sie bietet ihm ihr Geschlecht zum Küssen an, im Gegenzug verlangt sie sein Schweigen. Als er sie penetrieren will, wehrt sie ab: Sie sei Jungfrau und noch nicht bereit – deshalb. Der Nachbar nimmt sich mit Gewalt, was er meint, erdealt zu haben. Ein Schmerzens-schrei Pepis, so künstlich und durchdringend wie der Gesang der Girlgroup.



Die Erleichterung besteht in dem Bewusstsein, dass der Schrei nur gespielt ist. Doch wird in diesem Spiel durchaus eine Realität anvisiert. Die Szene zwischen Drogendeal und Vergewaltigung zielt auf die Darstellung grundlegender gesellschaftlicher Verhältnisse ab.Der Mann, ein Polizist, Denunziant und Voyeur, repräsentiert die faschistische Staatsmacht, und die Frau bewegt sich mit ihrem sexuellen Kuhhandel, in der die Jungfernschaft das symbolische Eigenkapital darstellt, ganz in der Logik einer archaisch-patriarchalen Gesellschaft, wie sie Federico García Lorca in seinen Stücken beschrieben hat. Pepi wird sich rächen,

und es ist, als feiere der Film über Pepi, Luci, Bom und die anderen Mädchen den Auszug der Töchter aus "Bernada Albas Haus" ("La casa de Bernada Alba"), García Lorcas Drama von 1936. Es ist der Auszug aus einer Welt, in der ein extrem zugespitzter Geschlechterantagonismus alle sozialen Beziehungen strukturiert: Der Film zeigt Mädchen, die nicht mehr Ehefrauen, Mütter, Tanten und Töchter sein wollen. Die stattdessen ein Maskenspiel des sexuellen Begehrens eröffnen, in dem nicht nur die Musikclubs und Theater, sondern jede Straße und jedes Café zur Bühne einer Performance der Leidenschaft wird.


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Bildergalerie
Stills aus PEPI, LUCI, BOM Y OTRAS CHICAS DEL MONTÓN. Pedro Almodóvar,  E 1980

... nicht mehr Ehefrauen, Mütter, Tanten und Töchter ... 



Die Filme Almodóvars inszenieren denn auch eine Welt, in der das Spiel geschlechtlicher Lust alles sein darf, nur eines nicht: Matrix gesellschaftlicher Ordnungs-, Macht- und Moral-systeme.

Eine Szene aus VOLVER (VOLVER – ZURÜCKKEHREN, E 2006):






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VOLVER. Pedro Almodóvar, E 2006
 (32. bis 34. Minute)

Sole (Lola Dueñas) fährt in das Dorf ihrer Herkunft, zum Haus Tante Paulas (Chus Lampreave), dem Grab der Eltern und zu ihrer alten Freundin Agustina (Blanca Portillo). Ihre Tante ist gestorben. Sie betritt das Haus, ängstlich in jedem Geräusch, jeder Bewegung die Tote wähnend. Tatsächlich aber erscheint ihr Irene (Carmen Maura), die tote Mutter. Sole will aus dem Haus, ins Freie, ans Licht, läuft auf den Patio zu. Der ist voller Männer, deren Blicke sie wie eine Sperrwand zurückprallen lassen, ins Haus bannen... Im Innern findet sie einen dunklen Raum, um den Leichnam der Tante versammelt die murmelnden Frauen.



Man hat es oft gesagt: Die Filme Almodóvars zeigen eine Welt der Frauen, in der die männlichen Figuren sich nur soweit behaupten können, wie sie imitierend die Positionen der Frauen einzunehmen wissen und in den schwesterlichen Bund

integrierbar sind. Die anderen Männer sind Gescheiterte auf diesem Weg, oder sie sind die Gegenspieler der Heldinnen, die Repräsentanten einer alten Ordnung, einer lastender Schuld – Staatsanwälte, Polizisten, Ehemänner, Priester.


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Stills aus LA FLOR DE MI SECRETO, TACONES LEJANOS (HIGH HEELS - DIE WAFFEN EINER FRAU), TODO SOBRE MI MADRE

Die imitierenden Männer  


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Stills aus TACONES LEJANOS (HIGH HEELS - DIE WAFFEN EINER FRAU), LIVE FLESH (1997)

und die Repräsentanten der alten Ordnung. 



Es ist eine Welt, in der die Väter entweder ganz fehlen, oder sie dämmern, umfangen von Amnesie, ihrem Tod entgegen wie der Vater von Rosa (Penélope Cruz) in TODO SOBRE MI MADRE (ALLES ÜBER MEINE MUTTER, E 1999). Notfalls werden sie gewaltsam entfernt, als seien sie eine dramaturgische Fehlinvestition, die es zu korrigieren gilt. So, wenn Carmen Maura als Gloria in ¿QUÉ HE HECHO YO PARA MERECER ESTO!!

(WOMIT HABE ICH DAS VERDIENT?, E 1984) ihren Mann Antonio (Ángel de Andrés López) mit einem Schinkenknochen erschlägt; oder wenn Penélope Cruz als Raimunda in VOLVER den von der Tochter erstochenen Ehemann Paco (Antonio de la Torre) in einer Gefriertruhe verschwinden lässt. Almodóvars Filme zeigen eine Welt, in der das patriarchale Ordnungssystem nur noch eine Erinnerung zu sein scheint.


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